Was bedeutet eine Beschwichtigung?
Wie und warum setzt ein Hund diese ein?
Und warum ist sie bei Hundehaltern oft nicht gerne gesehen bzw erlebt?
Körpersprachlich wird eine Beschwichtigung eines Hundes auf verschiedene Arten ausgedrückt. Natürlich gibt es hierbei Steigerungsformen, wie bei allen anderen Handlungen auch.
Der abgewandte Blick: der Kopf sinkt oder dreht sich seitlich ab. Der Blick wird aus dem direkten Kontakt entzogen.
Dreht der Hund seinen Kopf zurück, so kommt der Blick immer von unten nach oben. Die Ohren dazu seitlich nach hinten gekippt die Rute ist gesenkt.
Das ist dann im übrigen oftmals der Moment, in dem dem Hundehalter ein “Och guck mal wie er guckt“ entweicht.
Das Züngeln: die Ohren kippen seitlich nach hinten, die Rute ist gesenkt und zuckt minimal in der Schwanzspitze. Der Blick ist geneigt und die Zunge schiebt sich ein oder mehrere Male dezent und spitz nach vorne aus dem Maul heraus.
Mit einem aufmerksamen Blick ist dies wahrzunehmen. Der Augenblick des Züngelns ist meist sehr fix.
Das Schleichen: die Ohren in bekannter Haltung, der Blick, mit gesenktem und gestrecktem Hals, wird im Wechsel abgewendet und wieder aufgenommen. Der Hund schwebt förmlich über den Boden. Seichte und vorsichtige Schritte folgen. Es wirkt wie eine Mischung zwischen tänzeln und schleichen auf leisen Sohlen.
Frei übersetzt nenne ich es gerne “dünnes Eis“.
Die “gestandene“ Beschwichtigung oder die massive Form: zu allem bisher Beschriebenen kommt hierzu dann zum Beispiel ein vollständig weggedrehter Kopf, ohne die direkte Option ihn wieder nach vorne zu richten. Stehend oder sitzend. Die Rute kann gesenkt stark ausschlagen.
Oder der Hund lässt sich zu Boden sinken. Seitlich und nicht minder oft bis zur Rückendrehung, also bis zur Unterwerfung.
Alle Formen varrieren je nach Hund, Situation, Kommunikationspartner und der Handlung ansich.
Ist Beschwichtigung eigentlich Angst?
Jein:
Es ist eine “weise“ Vorraussicht, dass es nun besser wäre klein bei zu geben. Die vorangegangene Handlung abzubrechen und eine Demut zu zeigen. Es ist die Befürchtung und ja, je nach dem um welches Gegenüber es sich handelt, dann auch mal die Angst, dass man selbst unschöne Folgen zu spüren bekommt. Diese “Strategie“, bzw diese Kommunikation, ist für einen Hund lebensnotwendig.
Vielleicht hätte es dem einen oder anderen Menschen ein blaues Auge oder eine gebrochene Nase erspart, hätte er in gewissen Situationen deeskalierend gehandelt.
Dies ist genau das was ein Hund durch seine Beschwichtigung tut. Er weiß, dass es nun besser ist zu signalisieren, dass er hörig ist.
Ein Hund kann diese Demut nur zeigen, wenn er weiß, dass er von seinem Gegenüber Konsequenzen für sein eigenes Handeln zu erwarten hat.
Dies hört sich unschön bis schlimm an?
Warum?
Ist es nicht auch unsere Art der Kommunikation?
Ein verstohlenes “Ja Mama…“ eines Kindes ist ebenso eine Beschwichtigung bis hin zu einer Einsicht, im schönsten Falle ;-)
Oder ein “Ja Chef…“ kennen wir auch.
Nur im Unterschied zu Kindern bzw zu uns Menschen, müssen Hunde hier offensichtlich rein körpersprachlich sämtliches zum Ausdruck bringen, was daher umso massiver wirken kann.
Hunde und die Hierarchie: das Gesetz des Stärkeren. Ihre Art des Überlebens. Strategisch, sozial, durchdacht.
Lebe ich mit meinem Hund, kann ich mir nicht nur die Rosinen heraus picken, sondern nehme ihn als Ganzes an. Mit allen dazugehörigen Ausdruckshandlungen. Ein Miteinander kann ausschließlich dann gelebt werden, wenn ich ALLE Elemente meines Hundes als solche stehen lassen kann.
Beschwichtigung ist Kommunikation!
Beschwichtigt zu werden ist nicht schön, aber noch viel weniger schlimm. Wenn ein Hund mir in dieser Art begegnet, weiß ich doch dann, dass wir uns gegenseitig verstehen. Dass mein Hund verstanden hat was ich möchte. Dass er verstanden hat was ich nicht möchte. Dass er und ich wissen worüber wir hier reden.
Gleichermaßen weiß ich dann ebenso, dass es meinem Hund wichtig ist was in unserem Zusammenleben passiert. Wie wir zwei miteinander zurecht kommen.
Wir müssen uns aufeinander verlassen können. Also dürfen wir auch aneinander geraten und Dinge bzw Verhaltensweisen untereinander klären.
Dies signalisiert doch ebenso die Notwendigkeit auf ein gutes Sozialleben.
Denn es gibt nun mal nicht nur das gemeinsame Hüpfen über eine Blumenwiese. Genau so wie es dies auch nicht unter rein menschlichen Kontakten gibt.
Beschwichtigt mein Hund, versucht er seinen eigenen Hintern zu “retten“.
– Clever, sozial, gut!
Reden wir doch einfach mal hündisch!
Auf der Bildcollage ist es sehr schön zu sehen:
Der Leitrüde sitzt entspannt mitten auf der Wiese. Seine Tochter Dina kommt hinzu und möchte bitte einmal dort nachsehen, ob sie Mäuse aufstöbern kann. Nun ist sie Thor jedoch währenddessen so nahe gekommen, dass sie in seiner direkten Nähe ist. Also ist sie in seine Individualdistanz eingedrungen. Der Hierarchie nach sind also die zu erwartenden Mäuse die seinen.
Damit Dina diese nun nicht selbstverständlich für sich beansprucht, fragt sie lieber nach. In dem sie Thor demütig und beschwichtigend anschaut.
Er gibt die Mäuse frei indem er Dina gewähren lässt und weiterhin mit dieser stoischen Gelassenheit sitzen bleibt.
Klare Verhältnisse, respektvoller Umgang, Frieden.
Hündische Kommunikation ist so fein, schnell, präzise, direkt und schlüssig!
Wir müssen sie “nur“ erlernen und annehmen!
Trackback URL: https://hundetrainerin.nrw/beschwichtigung/trackback
0 Kommentare
Hinterlassen Sie einen Kommentar