Bei der Nachfrage „Wie ist Dein Hund denn so?“ fällt es zumeist leicht zu antworten.
Nett, lieb, ängstlich, aggressiv bei… die Bandbreite der möglichen Antwort ist gefächert.
Doch anders formuliert und gemeint ist die Frage „Wer ist Dein Hund eigentlich?“
Gute Frage und zeitgleiches Aufkommen worin der Unterschied zwischen „wie ist er“ und „wer ist er“ liegt.
Schon allein das ist nicht mehr einfach zu beantworten.
Leicht fällt es uns zu wissen, dass ein fröhliches, bockendes oder trauriges Kind eben dieses in dem Moment zeigt.
Doch sind wir uns wirklich sicher wann unser Hund was denkt und welcher Hintergrund hinter seiner Handlung liegt?
Noch immer kursiert der Mythos des Hundes mit der wedelnden Rute, sei auch ein freudiger Hund.
Ein typisches Beispiel ist hier die Schilderung einer Situation: „Die Hunde sind aber freundlich aufeinander zugegangen. Meiner hat auch mit der Rute gewackelt. Aber auf einmal haben sie sich verkeilt und gebissen.“ Des weiteren: „Das ist für mich so unberechenbar. Mein Hund geht einfach von jetzt auf gleich auf einen anderen Hund los. Deswegen bin ich so unsicher und traue mich kaum noch ihn mal mit Artgenossen laufen zu lassen.“
Der Trugschluss einer sich netten bewegenden Rute sitzt. Hingegen bedeutet dieser körpersprachliche Teil lediglich, dass sich der Hund in einer Erregung zeigt, sowohl natürlich positiv, als aber eben auch genau so mal negativ.
Der ein oder andere Hundehalter weiß das und es ist für ihn selbstverständlich dies zu wissen. Das ist schön, doch zeigt sich ein Großteil unwissend über die Komplexität der hündischen Kommunikation.
Die Versuche den eigenen Hund und Hunde generell besser kennen zu lernen, zeigt sich in mancher der Vielzahl besuchter Seminare und Workshops. Hier wird zum Beispiel das Thema „Spielen mit dem Hund“ aufgegriffen.
Oder „Konfliktbewältigung mit meinem Hund“, „Bindungsarbeit und gemeinsame Ruhe lernen“. Dies alles sind tolle Möglichkeiten und das Angebot wächst zunehmend.
Doch was genau so auffällt, klickt man sich mit etwas Muße und Zeit durch jegliche Hundeforen, werden so viele Fragen über „Was bedeutet es, wenn mein Hund…“ und „Was mache ich am besten wenn…“ gestellt.
Das Schönste ist der ewig wissbegierige Hundehalter, ein Volltreffer für jeden Hund!
Aber erübrigen sich nicht schon direkt einige Fragen, wenn ich weiß „Wer“ vor mir sitzt oder eben auch gerade nicht, weil mein Hund mein Kommando gerade wieder mal in den Wind geschossen hat?
Wie „funktioniert“ dieses Tier Hund überhaupt tatsächlich? Welche verschiedenen Körperhaltungen kann er einnehmen, von der Nasenspitze bis zur Schwanzspitze? Wann signalisiert er was wie und wie komplex und strategisch denkt und handelt er?
Was mein Hund mag und was nicht, weiß ich im besten Fall, doch kenne ich wirklich den Charakter, die Persönlichkeit meines Tieres?
Dazu kommt der alt und leider gut bewährte Punkt der Verunsicherung des Halters durch äußere Meinungen und Tipps. Das Gewicht von außen wird immer größer, das Bauchgefühl sinkt ins Unhörbare.
Der Plan wäre also alles mal kurz auf Werkseinstellung zurück zu setzen:
Man nehme den Hund, setze sich selbst auf einen Stuhl und mache einmal genau gar nichts. Gedanken filtern, ggf. einmal säubern. Äußere Einflüsse abblocken und einfach mal den Hund anschauen und beobachten.
Was tut er da? Ist er interessiert an mir oder lässt er mich gerade mal auf meinem Stuhl dahin vegetieren?
Nun könnte unweigerlich die Frage aufkommen: „Was bedeutet es denn, wenn er nicht zu mir kommt und Desinteresse zeigt?“ Oder „Was habe ich davon zu halten, dass er jetzt gerade auf meinen Schoß kriecht? Ist das gut oder was steckt dahinter?“
Und genau jetzt nochmal den Reset-Knopf drücken. Durchatmen und sich mit Fragen nicht überschlagen.
Einfach mal Situationen auf sich wirken lassen, den Druck heraus nehmen der eigene absolute Hundeprofi zu werden.
In der Kindererziehung gibt es einen doch sehr passenden Spruch:
In 5% der Fälle weiß ich was ich tue, die anderen 95% bestehen aus meinem Pokerface.
Wir lernen in dem wir handeln. Also haben wir, mit einem gewissen analytischen Auge, jeden Tag die Möglichkeit immer mehr und mehr über unseren eigenen Hund zu erfahren und dann zu wissen. Irgendwie beruhigend, denn Meister fallen nicht vom Himmel und ich darf sehr wohl etwas einfach mal noch nicht kennen oder können.
Lerne ich die Grundstruktur meines Hundes kennen, weiß ich wer der Freund an meiner Seite ist.
Es ist möglich seine Gedanken zu lesen und sein Handeln voraus zu sehen. Und genau dadurch kommt die so oft gesuchte Sicherheit!
Hunde lesen zu können ist kein Mysterium. Es ist eine Mischung zwischen Erfahrung, Fachwissen, Analyse und Empathie.
Die Belohnung dessen: Innigkeit zwischen Hund und Halter, Gelassenheit, Sicherheit für beide und tatsächliche Freiheit. Nicht minder weil eben äußere Einflüsse nicht mehr als solche tangieren.
Möglich ist dadurch:
Erkenne wann Dein Hund wie denkt und handelt.
Spaß an der Freude.
Gelassenheit während der Interaktion fremder Artgenossen und Personen.
… die Liste ist ellenlang für denjenigen, der das „Betriebssystem“ eines Hundes eingeatmet hat und ausleben möchte.
Dann fällt die Antwort über das „Wer ist mein Hund eigentlich?“ auch in eine lässige Ausführung, mit einem hoffentlich mindestens kleinen Schmunzeln.
Ähnlich wie die Aussage über einen Menschen, den man gut kennen gelernt hat, mag und sehr zu schätzen weiß.
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1 Kommentar
Martina Gutbier April 19, 2021
“ Wer bist Du eigentlich“
Fuer mich die wichtigste Anschauung und Betrachtungsweise. Sich kennen lernen und auch dem Hund die Chance zu geben, mich zu lesen und in Ruhe seine Schluesse ziehen zu lassen. Die Tiere stellen sich auf uns ein und diese Eigenschaft sollten wir würdigen. Wir sollten auch unsere Hunde lesen koennen, ein Zusammenspiel. Ich denke nur so kann eine tiefe Bindung entstehen. Für mich der Beginn fuer eine Freundschaft und Kameradschaft, erst dann sollte es an diese sogenannte klassische Konditionierung gehen. Wenn muessen bei mir nur einige, wenige Signale vertieft werden, zum Schutz des Hundes. Ein Rueckruf, ein Stop oder ein Nein reicht Dich voellig aus. Der Aufbau sollte schon gekonnt sein, die Tiere verknüpfen und benötigen dafuer Zeit und Ruhe, Geduld ist angesagt. Wenn man die Frage “ Wer bist Du eigentlich“ beantwortet bekommt, ergibt sich vieles ganz automatisch und freiwillig. Das “ Wir “ entsteht. Wir gehen diesen Weg zusammen, freiwillig, weil wir Zusammengehören. Dies ist zumindest so meine Erfahrung mit Strassenhunden und auch mit Hunden, die auffällig geworden sind. Es hat sie keiner gefragt wer sie sind. Sie sind unverstanden und irritiert, nervös und unangemessen Territorial. Koennen nicht verstehen, wo ihre Rolle und Ihr Stand im Rudel ist und beginnen fuer sich selber zu lösen.
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