Es gibt Zeiten mit unseren Hunden, die einfach nur schön sind. Zeiten, in denen wir stolz sind. Und Zeiten, in denen wir glauben gescheitert zu sein.
Betrachten wir unsere eigene Situation, so werten wir noch mal ganz anders, als bei anderen. Dies betrifft wieder nicht nur die eigene Hundehaltung, sondern eben ganz verschiedene Situationen und eben ganz verschiedene Themen.
Manchmal ist man zu sich selbst wesentlich verständnisvoller, mal umso härter.
Als Hundehalter haben wir die Möglichkeit unseren Hund als Spiegelbild zu betrachten. Oder als Brücke zwischen einem Ich und Du. Als Zweig ins Außen, doch eben noch zu uns gehörend.
Was passiert, wenn unser Hund sich ganz entsprechend wie ein Hund verhält, es jedoch für uns nicht tragbar ist, da wir angehalten sind unsere Hunde gesellschaftstauglich zu erziehen und zu stabilisieren?
Sind wir mit unserem Hund spazieren und erlauben ihm jeglichen Kontakt zu Artgenossen, ist das dann im Sinne des Hundes gedacht oder handeln wir doch primär im eigenen Interesse? Existiert der Gedanke, unser Hund müsse doch wirklich mit anderen Hunden spielen, aus der Hingabe zum eigenen Tier, wo doch alle Lebensereignisse und Bedürfnisse erfüllt werden müssen? Oder haben wir gar manchmal ein schlechtes Gewissen unserem Vierbeiner gegenüber, da wir als Mensch seiner Auslastung nicht immer gerecht werden können und er doch dann wenigstens durch Artgenossen auf seine Kosten kommen solle?
Ist das jetzt hündisch oder doch menschlich gedacht?
Was passiert, wenn unser Hund einen anderen Hund in solch einer Situation beißt oder gebissen wird?
Redet man dann berechtigt von einem sozial unverträglichen Hund?
Anders herum gedacht: besteht nicht auch die Möglichkeit den eigenen Hund oder gar andere in die Konfrontation hinein zu „zwingen“?
Was ist denn, wenn ein Biss in solch einer Situation auch mal als solcher angesehen werden kann, als welcher er gemeint ist?
Nun, ohne zu pauschalisieren, kann diese Situation durchaus auch als Selbstschutz benutzt werden.
Ja, es ist ein großer Part in der Kommunikation eines Hundes zuzubeißen. Es gibt zahlreiche Ebenen, in denen diese Raubtiere diese Handlung aufweisen:
Ein Biss kann (!) Folgendes aussagen:
– ein Test (wie weit kann ich gehen, wie reagiert mein Gegenüber)
– eine Abwehr (lass mich in Ruhe, berühre mich nicht, gehe aus meiner Nähe heraus)
– eine Warnung (/Zurückweisung)
– eine Maßregelung (der Handlung des Gegenübers)
– ein Angriff (verursacht durch dementsprechende zugrunde liegenden Situationen, entweder eine Klärung mit dem oder eine Vernichtung des anderen)
– ein Spiel (ein nettes Kräftemessen)
– Fixieren des Gegenübers (bis das Gegenüber sich nicht mehr bewegt, weil er ansich nach gibt oder verendet)
Es ist als Mensch nicht immer leicht zielgerichtet in diesen Momenten zu erkennen, welche genaue Handlung gerade von einem Hund kommuniziert wurde.
Ein Schreck, durch solch eine Situation, kann kurzweilig oder tatsächlich auch langanhaltend sein.
Nicht nur für den Besitzer dieses Hundes, sondern ebenso für alle Beteiligten, ist es sehr hilfreich solche Situationen anschließend in den Feinheiten im Nachhinein weiterhin filtern und analysieren zu können.
Ein Hund, der einmal gebissen hat, ist nicht zwangsläufig generell bissig. Ein Hund, der einmal gebissen hat, ist nicht zwangsläufig zu verharmlosen.
Wir wünschen uns alle diesen einen Hund, der wie ein „Schaf“ geduldig ist. Liebevoll, souverän, zuverlässig.
Doch haben alle diese Raubtiere, die solch viele Facetten haben können.
Wichtig ist als Mensch verstehen zu können „Warum?“.
Wichtig ist es, den eigenen Hund noch besser kennen zu lernen. Lernen wir eigentlich jemals aus?! ;-)
Und kommen Situationen auf, die uns selbst erschrecken, dann hilft es nicht zu relativieren. Ein Biss, egal aus welcher Motivation heraus, tut meist weh. Aber um aus diesem subjektiven Dschungel wieder heraus zu kommen, hilft die Analyse. Ob die des Hundes ansich oder eben genau so die des eigenen, menschlichen Verhaltens. Nicht minder sind unsere Handlungen Auslöser, gemeinsame Ursache oder Verstärker eines Hundes, der dies durch einen Biss äußert.
Um die Sicherheit wieder zu erlangen, präventiv und zielgerichtet weiter gehen zu können, erfordert es das gewollte Wissen darum.
Und warum trägt dieser Beitrag den Titel „Doppelmoral“?
Weil solche Situationen meist mit (mindestens) zweierlei Maß gemessen werden:
Die Subjektive, die Objektive und die Wahrheit, die irgendwo dazwischen zu liegen scheint.
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