Faszinierend wie sich innerhalb dieser einen Woche die Formen ändern. Wir haben damit begonnen Doggi meinen fünf Hunden vorzustellen.
Einen einzelnen Hund in ein gesamt bestehendes Rudel „hinein zu werfen“ ist nicht nur höchst mutig, sondern schon eher grob fahrlässig. Denn für jeden der Beteiligten enden solche Situationen meist im absoluten Chaos, in höchster Anspannung, in einer Reihe an starken Überreaktionen. Und der erste Eindruck endet mit dem Fazit: Was für ein Stress.
Um also die Hunde alle auf dem richtigen Fuß zu erwischen, bedeutet dies Strategie.
Denn, in diesem Fall, Doggi wird erstmal vollständig aufgenommen und es sind keine zwei Stunden, in denen rein die Rudelarbeit gilt.
Also holten wir Doggi aus dem Auto heraus und führten ihn erstmal alleine auf das Grundstück. Halsband und Co abgemacht und den Hund erstmal rennen lassen. Quer übers Grundstück drehte er erstmal seine Runden und erkundete die Wiese, die Gemäuer, entdeckte den Wassernapf und freute sich erstmal des Lebens.
Dazu inhalierte er all diese Gerüche seiner Artgenossen. Das hieß, der Grundstein der Ankündigung, dass hier wohl mehrere Hunde wohnen, war gelegt.
Damit Doggi sich nicht zu sicher fühlt und nicht mal ansatzweise auf den Gedanke kommen konnte, sich jetzt im Garten nach Herzenslust daneben benehmen zu können, holten wir den ersten „Dämpfer“. Meine Hündin Anouk war die Erste, die ich zu uns holte. Die souveränste Hündin sollte den Anfang machen. Da sie den ersten Einfluss auf ihn nehmen würde, war es mir wichtig diese Hündin auszuwählen. Hätte ich meine eher kindliche Hündin als Erste genommen, hätte Doggi direkt das Fliegen gelernt und sich im weiteren Verlauf sehr über die Ernsthaftigkeit der anderen, und somit eben auch der Masse, erschrocken.
Als nächstes kam Trulla hinzu. Sie schafft den Wechsel zwischen Ernsthaftigkeit, aber zeigt ebenso eine sehr liebevolle, aufgeweckte und lockere Art. Somit bedeutete für Doggi nun das zeitgleiche Agieren mit zwei anderen Hunden auf der einen Seite eine klare Linie (Anouk), aber auch eine „lockere“ Stimmung (Trulla). Meine dritte Hündin Dina, ist bis heute leider außen vor. Denn wie das Schicksal so spielt: kommt ein neuer Hund ins Haus, dann genau dann, wenn es am wenigsten passt 😉 Dina beglückt uns derzeit also noch mit ihrer Läufigkeit und Doggi ist intakt *juhu*.
Damit aber der junge Pflegel dann die tatsächliche Ernsthaftigkeit unter den Hunden wahrnimmt, kam Thor hinzu.
Anders als bei den Hündinnen, reagierte Doggi nicht mit der freudigen Erregung der Begegnung, sondern wurde sichtlich ängstlich. Er zog seine Rute einmal durch die Beine bis zur Brust, die Ohren klebten sich am Hinterkopf zusammen und seine Pupillen wurden riesig. Und das alles noch, bevor Thor ihn überhaupt berührte.
Der Übermut den Hündinnen gegenüber, verflog im Bruchteil einer Sekunde und hätte Doggi eine Möglichkeit gehabt zu gehen, er wäre wohl gegangen. Thor hielt Rückschlüsse mit seinen Töchtern: da diese souverän, aber zugegeben schon sehr genervt durch Doggies penetrante Art waren, entschleunigte er sein Gehabe und ließ den Neuen erstmal den Neuen sein.
Wie uns an diesem Tag erst auffiel, sah Doggi von hinten anatomisch nicht ganz vollständig aus. Da ich ihn in seinem bisherigen Zuhause ausschließlich von vorne erlebte (Anspringen, Anpöbeln,Zwicken etc) und ich zugegebener Maßen keine Gedanken daran hatte, dass ich mal nachzählen sollte, sah ich also dann letzte Woche: Der kleine Große hat nur einen Hoden. Ich hielt sofort mit seinem bisherigen Tierarzt Rücksprache und wollte mehr erfahren. Zu meiner „Freude“, wurde mir gesagt, dass dieser Hund nie untersucht wurde. Also warten wir gerade, dass der Tierarzt wieder aus dem Urlaub kommt, da wir gezielt zu ihm möchten. Ich bin äußerst gespannt.
Meine Befürchtung, dass der zweite Hoden hinter der Bauchdecke liegt und er nicht nur mit einem „gesegnet“ ist, bestätigen sich mittlerweile von Tag zu Tag. Denn seine Triebigkeit ist deutlich gesteigert. Wo hingegen Thor sich der Läufigkeit entsprechend gegenüber Dina verhält (er möchte natürlich zu ihr und darf nicht), projiziert Doggi diese auf alle anderen Hündinnen. Dies bedeutete an den ersten zwei Tagen, dass Anouk und ich erstmal die größte Aufgabe hatten, ihm verständlich zu machen, dass sie definitiv weder läufig, noch ansatzweise willig war bzw ist.
Wir erlebten Situationen, in denen Anouk ihren Hintern an meinen Beinen parkte, ich „Herrn Übermut“ auf Abstand durch meinen Körper hielt und sie ihre Zähne auf der anderen Seite einsetzte.
Memo an mich selbst: wie schön, wenn Hunde nachgeben 😉 Anouk und Doggi sind sich nun einig in ihrer Art sich generell zu begegnen.
Nun war ich im Laufe der Tage äußerst perplex, dass zwei potente Rüden, während der Läufigkeit einer Hündin, keine Anstalten machen in einen Konkurrenzkampf auszuarten. Ganz im Gegenteil, sie liefen zusammen, vollkommen zuverlässig.
Da Thor und Doggi untereinander der größte Faktor sind, habe ich meinem Großen auferlegt 24/7 den Kleineren an seiner Seite akzeptieren zu müssen.
Womit ich wieder nicht gerechnet habe war, wie uuuuuuuuunendlich lang sein Geduldsfaden ist. Bis Thor Doggi maßregelt, muss eindeutig einiges passieren. Man merkt, dass der Große seine Kinder begleitet hat und mit ihnen zusammen lebt. Diese Souveränität habe ich tatsächlich unterschätzt, mich jedoch natürlich eben so sehr darüber gefreut.
Die Hündinnen, es sei noch Lia die Sheltiedame erwähnt, die immer dabei ist und es nie auch nur ein Thema gibt, laufen mit den Rüden noch nicht in geschlossener Formation täglich zusammen. Denn auch wenn Dina mittlerweile ihre Stehtage hinter sich gelassen hat, ziehen ihre Hormone den kleinen Großen noch immer magisch an. Thor hingegen hat sein Interesse daran vollständig verloren.
Es kam in mir die Frage auf, wann denn Tag X kommt und Thor und Doggi mal nicht mehr nur „rumeiern“.
Und wie gesagt, wenn was blöd läuft, dann auch wirklich:
Ich war mit vier Hunden draußen. Es war alles ausgelassen, die Hunde zeigten kein Anzeichen von Anspannung. Ermutigt durch diese Ausgelassenheit telefonierte ich und hatte selbst nicht ganz präsent, dass es nun dämmern würde und meine Sicht auf die Hunde eingeschränkt wird.
Mit links das Handy gehalten, zu perplex um aufzulegen (liebe Grüße an dieser Stelle nochmal an Dich 😉 ) musste ich nun mit rechts die beiden aneinander gestellten Knallköpfe auseinander bekommen. Thor ließ los, Doggi war noch in Rage, Anouk hatte den Kaffe auf. Also nochmal, diesmal die Dame und der noch werden wollende Herr.
Die gesamte Situation endete damit, dass die beiden Rüden zurück ins Wohnzimmer mussten, nachdem sich der Kleinere erstmal von mir anstandslos unterwerfen lassen musste, bis zur vollkommenen Aufgabe. Danach hieß es für beide: „Du bist ja immer noch da. Verdammt.“
Nein, keiner trägt einen Maulkorb, keiner wird voneinander getrennt.
Warum:
Thor hat die oberste Position inne. Somit stelle ich ihn bewusst neben mich (wortwörtlich).
Doggi zeigt seine zwei größten Baustellen auf: er ist besitzergreifend Menschen gegenüber. Das heißt, dass er jeden Menschen für sich beanspruchen möchte. Dazu, seine zweite Problematik: bisher kann er nicht alleine sein (Zu beiden Themen in einem weiteren Artikel mehr).
Das heißt, würde ich sie erstmal trennen, entsteht ein Konkurrenzkampf um meine Anwesenheit. Dazu würde jeder in das Denken der Vorteile kommen. Ebenso werden sie nicht voneinander „erlöst“, wenn sie sich vorher in den Haaren haben.
Was sehr wichtig ist zu erwähnen: Hunde geraten aneinander. Hunde tun sich weh. Sie sind Raubtiere, wissen ihre Zähne einzusetzen. Hunde leben ein äußerst gezieltes Sozialleben. Dass es zwischen zwei Rüden (der eine ist der Boss, der andere sieht seine eigene Position noch nicht ein) zu Ausbrüchen kommt, liegt in der Natur, also in der Hierarchie der Hunde. Dennoch gab es keine Verletzungen, außer kleine Schrammen. Die beiden Hunde begeben sich nach wie vor in keinem aggressiven Verhalten gegenüber!
Doggi ist angekommen und nun lernen wir uns alle untereinander intensiv kennen.
Dies wird nicht die letzte Auseinandersetzung gewesen sein. Da wir uns aber auf einem Level bewegen, das Klärung bedarf und die Hunde keine Hackordnung vornehmen dürfen, bewegen wir uns auf eine Art, in der wir jeden Tag ein Stück weiter formen.
Derzeit versucht unser Neuankömmling jeden der Hunde in seiner inne habenden Position ins Wanken zu bekommen.
Ganz unten möchte er nicht stehen. Wird aber keine andere Möglichkeit bei uns erhalten können.
Die wichtigsten Punkte, die es nun generell zu beachten gilt:
– Absolutes Fair Play in jede Richtung, auf jeden Hund bezogen
– jeder der Hunde darf einem anderen auch deutlich Grenzen kommunizieren
– keiner der Hunde darf in Eigenregie „Aufräumen“, sondern nur im Zusammenschluss mit mir agieren
– Niemand ist zu keinem Zeitpunkt für sich allein, das bedeutet sich selbst überlassen wird
– keiner der Hunde darf bevorzugt werden. Was jedoch im Umkehrschluss nicht heißt, dass alle „gleich gemacht“ werden. Jeder erhält seiner Position entsprechend gewisse Privilegien.
(Beispiel hierzu: wenn Thor angelehnt an meinen Beinen sitzen darf, bedeutet dies nicht, dass das gleiche für Doggi auch erlaubt ist.)
– Wir gehen erst dann schlafen, wenn alle wirklich zur Ruhe gekommen sind. Denn wir brauchen alle ein gutes Nervenkostüm für den nächsten Tag, gemeinsam. Und nichts geht über arbeitende Träume und Erholung und Entspannung über Nacht.
Da leider derzeit der größte Konflikt zwischen meinem PC und mir besteht, habe ich bisher leider kein Video fertig stellen können und muss somit noch auf Fotos ausweichen.
Jedoch zeigen diese eine kleine Dokumentation der letzten Tage/Abende, wie sich die Schlafposition der Hunde immer weiter zueinander entwickelt hat.
Auch für mich selbst sehr schön sie so zu sehen.
Und bevor ich es vergesse, als kleine Info am Rande: Es existiert keinerlei Futterneid untereinander.
Da dieser Text keine Rede, sondern ein Bericht ist, musste er in der Länge ein bisschen ausarten 😉
…. es bleibt spannend.
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