Die Dynamik des Miteinander-seins
Als die kleine Dame damals zu mir kam, rechneten wir beide nicht damit, dass wir einmal die Führung eines größeren Rudels einnehmen würden.
Als Thor kam, rechnete ich noch viel weniger damit, dass wir uns zu dritt eine Lebensaufgabe teilen würden.
Die beiden waren wie Feuer und Wasser. So unglaublich unterschiedlich in ihrem Sein, ein Drahtseilakt für mich.
Was für den einen zu viel war, war für den anderen zu wenig.
Mich hinzusetzen und zu sagen „Ich führe euch, ohne Diskussion:“ Ein Schelm der denkt, dass unser Anfang so aussah.
Nun fängt ein klassischer Unterricht in der Hundeerziehung mit dem Beibringen von „Sitz“, „Platz“, „Fuß“ und vielem mehr an.
Das ist schön und nützlich, hilft jedoch eben meist auch nur bedingt, wenn wir den Fokus auf das wirkliche Miteinander setzen.
Wir agieren jeden Tag mit unseren Hunden. Wir leben schließlich mit ihnen. Aber prozentual gesehen: welches Gewicht hat „Sitz“ & Co zu unserer wirklich Kommunikation mit unserem Hund?
Als Junghund kam Thor in den Genuss des „Alles meins“-Zuges. Somit schnappte er sich eines Tages die kleine Hündin um ihr in aller Deutlichkeit zu zeigen, dass sie nicht neben mir zu stehen hatte. Ich hätte damals das klassiche „Aus!“ benutzen können, damit er die Kleine doch bitte wieder ausspuckt.
Doch was wäre dann passiert?
Außer, dass er dieses Kommando befolgt hätte, welcher Lerneffekt wäre geblieben?
Ihn als Konsequenz auf links zu drehen, hätte genau so wenig eine lang anhaltende Wirkung gehabt.
Und genau solche Situationen zeigen schonungslos, worum es in der Hundererziehung WIRKLICH geht –
KOMMUNIKATION!!
Hundeerziehung ist nichts anderes als pure Kommunikation und Interaktion miteinander! Tag ein, Tag aus! Ganz ohne Pause.
Der Blick auf die Kindererziehung zeigt das absolut gleiche Bild!
„Dein Kind hört aber gut!“
„Weil ich zu ihm sage, dass es sich setzten soll und dann tut es das?!“
Wie elementar sind also solche „Funktionsweisen“?
Natürlich unglaublich wichtig!
So stellen wir uns unseren Hund im Freilauf vor und auf einmal schießt eine Gruppe Mountainbiker auf uns zu. Lieber legt sich unser Hund sofort auf Kommando an den Wegesrand, bevor er mitten in diese Gruppe hinein prescht.
Doch unsere Basis mit unserem Hund ist unser Miteinander!
Wer ist mein Hund eigentlich? Wie ist sein Charakter? Was sind seine Vorlieben und seine Abneigungen?
Vertraut er mir? Lässt er also mir die Entscheidungen?
Wo haben wir noch kleine Lücken in „unserem System“?
Setzt sich unser Hund erst beim vierten mal „Sitz!“, so ist dies natürlich ein Indiz. Dafür, dass er uns missachtet. Dass er unseren Worten keine Notwendigkeit misst. Oder aber auch ferner davon, hat er vielleicht tatsächlich Schmerzen in dieser Bewegung.
Mit weiterer Konditionierung dieses Kommandos und höheren Anreizen (zum Beispiel Lachs und nicht Hühnchen), schaffen wir es das Symptom zu beheben, jedoch nicht die Ursache.
Warum meidet, umgeht, ignoriert und missachtet mein Hund meine Aussagen?
Wir sind angehalten auf unsere Hunde zu achten. Sie zu erkennen. Sie wahr zu nehmen und sie letztendlich anzuleiten.
“ Ich weiß, ich mache ganz viel falsch mit meinem Hund. Der Fehler liegt auf jeden Fall bei mir!“ höre ich sehr oft.
Aber wer sagt, dass es eine Programmierung und einen einzigen Pfad gibt, ein Scheme F, wonach wir uns alle richten müssen?
Nehmen wir uns selbst mal so individuell wahr, wie wir unsere Hunde meist betrachten. Es sind doch lediglich Lücken in der Kommunikation zwischen uns und unserem Hund. Fehlendes Verständnis zu einander verweisen lediglich darauf hin, dass wir uns die Erziehung des Hundes noch nicht aus jedem Winkel angeschaut haben, bzw anschauen konnten.
Heute leben Lia und Thor als tierische Führung ihres Rudels – gemeinsam. Meine linke und meine rechte Hand.
Thor hat das Verbot des „Sheltie-Snackens“ vollständig akzeptiert.
Lia hat es angenommen, dass es unfair ist unter einem großen Hund zu stehen und ihn durch ihre Zähne zum Tanzen zu bringen.
Sie mussten lernen zu akzeptieren, lernen zu tolerieren. Sie lernten sich gegenseitig kennen und wissen nun genau was Frieden bringt und Unruhe stiftet.
Sie haben verstanden.
Wo Hunde noch denken können, dass sie einen Menschen verstehen „dürfen“, wissen sie, dass diese Wahl unter Hunden nicht mehr existiert. Dort haben sie zu verstehen. Unmissverständlich.
Und hoffentlich auch dann fair, wenn ein Rudel durch Menschenhand angeführt wird… !
Kommunikation sehen.
Kommunikation verstehen.
Aufgreifen, in die Waage zwischen Mensch und Hund umwandeln und
anwenden!
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